Sölktal - Endlich Ruhe [am Deneck]
Sonntagmorgen. Mau in den Füßen (aufgrund einer Schöckl-Wanderung am Vortag). Schönes Herbstwetter ist angesagt. Heute zieht es mich ins Sölktal. Von der Murau’er Seite kommend, brauche ich aus Graz etwas mehr als 2h.
Sölktal - Endlich Ruhe.
So verspricht es der Naturpark bzw. der Tourismusverband (siehe Link). Na dann.
Ich parke mein Auto nicht am Sölkpass, sondern auf der anderen Seite etwas weiter unten - damit ich noch ein paar Höhenmeter mehr aufsteigen kann. Prima Idee in der Früh … die Einstellung ändert sich nur mehrmals während meiner Tour.
Jause gepackt, Rucksack am Rücken, Wanderstecken in der Hand. Ab gehts durch ein Waldstück, dann in Serpentinen über Stein-/Felsbrocken etwas steil bergauf.
War es im Wald noch angenehm frisch, wechsle ich nun Chamäleon-artig die (Outfit-) Farbe: statt oranger Windjacke gibts jetzt Dunkelgrau zu sehen. Ganz toll in der Sonne.
Ausblick-mäßig ist man auf der Strecke immer voll dabei. Nach kurzer Zeit kann man auf die Passstrasse und den Ausgangspunkt zurückblicken. Die herbstlich tief stehende Sonne zwängt auch noch um viertel 11 ihre Sonnenstrahlen in das Tal und erleuchtet die farbenfrohen Bäume und Wiesen.
Vorbei gehts am ersten, sprich Unteren Kaltenbachsee. Nachdem ich heute so ca 850hm anstrebe, lasse ich das kühle Nass links liegen und gehe zum Mittleren Kaltenbachsee weiter. Auch hier gibts eine Art 3-Seen-Runde.
Der zweite See lockt zum Jausnen und Gegendschauen am Ufer.
Ein paar Bilder werden eingefangen und weiter gehts. Ziel: Oberer Kaltenbachsee.
Ich würde mir in einer “Endlich Ruhe”-Gegend eigentlich Ruhe erwarten. Nur weit gefehlt. Ich bin alles andere als allein. Es herrscht kein sommerlicher Ansturm auf die Wanderpfade. Aber für eine entspannt, warme, sonntägliche Herbstwanderung auf Erzherzog Johann’s Spuren ist dann doch einiges los. Manche Wanderer murren gerademal ein “Hallo” zurück. Andere hingegen kommentieren mit “Wir machen schon die erste Pause” ihre … Pause. Was sonst. Mein “Ich sehs” verkneif ich mir und entgegne höflich ein “Ich auch bald”.
Also rauf zum dritten See, dann noch über eine Kuppe und hier beschließe ich den markierten Pfad zu verlassen und auf einer Anhöhe meine, ähm, zweite Jausenpause zu genießen.
Ein paar Schritte über die Alm und es tut sich ein Panorama auf, welches mehr Eindruck im Kopf als am Foto hinterlässt. Ich verwende gleich mal mein gesamtes Fotoequipment und erstelle Langzeitbelichtungen und Panoramen. Nebenbei esse ich und melde mich daheim, dass alles gut ist. Vor mir eine wunderbare stille Landschaft. Warmer Wind zieht den Berg herauf. Vögel zwitschern. Hinter mir der Deneck. Ich überlege mehrmals ob ich überhaupt noch das Gipfelkreuz besuche. Kann ja oben wohl nicht viel schöner sein als hier. Oder doch?
Wenn mein Rucksack nicht schon 15kg hätte, würde ich noch eine Sonnenliege, ein Buch und frischen Kaffee mitnehmen. Ahja, Schoko dürfte auch nicht fehlen. Chillen bis die Sonne untergeht. Denn wenn man vom markierten Weg ein paar Meter weg ist, dann traut sich keiner mehr her und man genießt die buchstäbliche Ruhe. Sozusagen: Endlich Ruhe.
Am Gipfel muss ich erstmal durchatmen. Ich befinde mich aber in geselliger Runde. Die meisten Wanderer sind schon länger heroben und erzählen mir von einer Maus, die anderen den Käse wegisst, und einem Hund, der die Jause abschleckt. Interessant. Aber immerhin gibts noch ein Scheibe Geografie für mich als passiven Zuhörer, da ein Wanderer-Paar einem anderen Wanderer-Paar mal eben alle Gebirgszüge und Gipfel erklärt, die ich sehen und auch nicht sehen kann. Ich zücke zurückhaltend mein iPhone und starte die App Peakfinder im AR-Modus. Hm. In meiner App gibts 5-10 Gipfelnamen - der Rest steht einfach so in der Landschaft - laut App gibts keine Namen dafür. Beschämend packe ich mein Elektroteil wieder weg. Woher weiß man bitte all das auswendig? Da muss man wohl den Hut ziehen.
Absolut grandiose Fernsicht.
Nach einer Jausen- und Fotopause geht es wieder talwärts. Diesmal lasse ich die Wanderstecken am Rucksack festgebunden. Beim Hinuntersteigen wären sie mir sonst im Weg. Ich beschließe, meinen, nicht der markierten Wanderroute entsprechenden, Aufstiegspfad wieder zurückzugehen. Andere Wanderer haben mir bereits beim Hinaufgehen gratuliert, den scheinbar besseren Wegabschnitt genommen zu haben. Dieses Kompliment gepaart mit der wunderbaren Aussicht verleiten zur Wiederholungstat und lassen mich ein paar weitere Eindrücke fotografisch festhalten.
Schritt für Schritt, und ohne tack, tack, tack, tack, geht es talwärts.
Oberer Kaltenbachsee, Mittlerer Kaltenbachsee, Unterer Kaltenbachsee. Alle liegen bereits im Schatten. Die Sonne scheint hinter mir, hinter der letzten passierten Höhe.
Mittlerweile sind keine Leute mehr unterwegs. Alle sind vor mir wieder zurück. Bis auf einen Hobbyfotografen, der mich am Gipfel geschickt in ein fachsimpelndes Gespräch verwickelt hat. Ob der es noch vorm Finsterwerden runter schafft, kann ich nicht sagen. Er macht wohl auch gern Fotos.
Und wenn ich nicht noch eine lange Autofahrt vor mir hätte und nicht mit meiner Familie noch gemeinsam Abendessen wollen würde, dann wäre ich auch noch geblieben. Aber … Family first!
Geschafft. Wieder zurück beim Auto. Kurze Meldung nach Hause. Alles gut. Doch bevor ich die Heimreise antrete, gibts noch eine Stärkung. Heißgetränk mit Aussicht. Das brauchts jetzt.
Alles in allem war es eine schöne, herbstliche Wanderung mit ca 9,5km Länge, ca 18.300 Schritten und ca 860hm (Anstieg). Warum mir meine Sportuhr sagt, ich solle mich jetzt 103h erholen, weiß ich echt nicht. Wobei … erholen tut auch gut.