Eiskaltes Erlebnis
Katschberg Ende Februar. Sonne sehe ich keine. Dafür gibts super Schneeverhältnisse. Und geniales Foto-Wetter.
Es ist Vormittag und ich schaue aus dem Fenster. Etwas finster draussen. Was sagt der Wetterbericht? -10°C und Wind 60-80km/h. Was denke ich? Raus! Auffi auf den Berg! Warum? Weil ich das noch nie gemacht habe. Ich will den Sturm festhalten. Meine Freundin glaubt erst daran, als ich zur Tür raus bin.
Meine Ausrüstung heute: Schneeschuhe, zwei Kameras und eine Portion Hochmotivation. Zwei Kameras deshalb, damit ich nicht im Sturm Objektiv wechseln muss und naja, falls doch eine versagt, ich trotzdem ein Backup habe.
Während ich auf den Gipfel über die Direttissima zustrebe, ernte ich verwunderte Blicke von Schifahrern am Sessellift sowie von solchen auf der Piste. Ehrlich gesagt habe ich dafür heute keine Zeit … ich muss rauf. Der Berg ruft! Das Wetter wird immer schlimmer … ähh … besser.
Während ich mich im Schlapf-Schlapf-Schneeschuh-Rhythmus bergwärts bewege, merke ich, dass die Temperaturen zu sinken beginnen. Ich biege kurzerhand seitlich ins Gebüsch in der Hoffnung, ein paar Windbilder einzufangen. Erst bei genauerem Hinsehen merkt man die Schneeverwehungen und die teilweise glatt geschliffene Schneeoberfläche. Der Schnee ist richtig hart.
Die Gegend kenne ich bereits in mehreren Jahreszeiten. Daher weiß ich, wie weit ich mich nach der Bergstation, in welcher Richtung auch immer, weiter frei bewegen kann. Aufgrund der aktuellen Bedingungen habe ich auch genau diese Route aufs Tschaneck gewählt. Ich gehe hier kein Risiko ein und habe ein wunderbares Panorama zu bestaunen.
Oben angekommen ist es eiskalt. Mir geht es gut. Aber meine Fingerspitzen sind so gut wie abgefroren. Brrrzzz. Nur … so spektakulär macht sich der Wind hier nicht bemerkbar. Erster Gedanke: war das alles jetzt umsonst? Nein, mit Gewissheit nicht. Ich suche mir ein Platzerl für meine Ausrüstung und beginne zu fotografieren. Ich scanne die Umgebung nach potenziellen Motiven. Immer im Hinterkopf: den Sturm und mein darin Ausgesetztsein bildlich festhalten.
Nach kurzer Zeit frischt der Wind nochmal auf und beisst mich eiskalt ins Gesicht. Spätestens jetzt bin ich nochmal wach. Wacher als wach. Was ich nicht bedacht habe, hier bin ich quasi ausgesetzt. Christian allein am Berg. Kein Unterstand, kein Unterschlupf. Und mit jedem Mal Kamerawechseln versuche ich die Handschuhe noch weniger lang ausgezogen zu lassen. Ich habe schon einmal von in-Handschuhen-Handwärmer-Gelkissen oder sowas in der Art gehört. Warum habe ich das noch nicht? Und vor allem - warum jetzt nicht?
Es wird. Ich meine, so etwas habe ich mir selbst noch nie angetan. Aber ich muss sagen, es hat schon etwas Besonderes, wenn man sich der Natur in dieser Art und Weise aussetzt.
Gerade habe ich mir noch mehr Eindrücke gewünscht. Jetzt kommen sie.
An einen Unterschlupf ist nicht zu denken.
Mein zuerst als genial angedachter Gedanke, mich in einer Mulde neben einem Pfeiler zu verkriechen, hat sich schnell als witzlos herausgestellt. Vorne pfeift der Wind ohne Erbarmen und mein Rucksack gleicht immer mehr einem Schneehaufen, wenn ich ihn nicht des öfteren abgekehrt hätte.
Aber: die Landschaft ist schön!
Whhhooooaaaaaaaa……. Ich bin begeistert! Die Eiskristalle stechen mir wie Nadeln ins Gesicht. Der Wind peitscht mir gefrorene Schneeflocken gegen die Kamera. Ich denke mir nur, wenn die Ausrüstung das aushält, dann gibt es bestimmt geniale Bilder. Und so ist es. Durch die Böen sieht man teilweise gar nichts, ein wenig oder man hat eine wunderbare Fernsicht. Absolut geniales Feeling.
Alles in allem eine geniale Wanderung. Wenn ich vorher gewußt hätte, was auf mich zukommt, wäre ich vielleicht doch dem Wellness-Bereich erlegen. Aber das Unbekannte schürte die Motivation und ich bin mit den fertigen Bildern dankbar dafür, dass ich draussen war. Keine Enttäuschung sondern beste Erinnerungen. Und mittlerweile geht es meinen Fingern auch wieder gut.
Alles in allem war es eine schöne, winterliche Wanderung mit knapp 3,9km Länge und ca.350hm (Anstieg). Warum mir meine Sportuhr sagt, ich solle mich jetzt 29h erholen, weiß ich echt nicht. Wobei … erholen tut auch gut.